Freitag, 17. Januar 2020

90 Jahre TG Wiesmoor


90 Jahre TG Wiesmoor „Den Mutigen hilft das Glück“
Bürger aus Wiesmoor und Wiesederfehn waren die Gründer der Turngemeinschaft Wiesmoor im Jahre 1930. Damals noch unter dem Vereinsnamen „Turnverein Gut Heil Wiesmoor. War die Weltwirtschaftskrise, die im Oktober 1929 mit dem New Yorker Börsencrash begann, doch gerade erst einigermaßen überstanden, als unsere Vereinsgründer sich zu diesem mutigen Schritt entschlossen. In der damals noch jungen Gemeinde Wiesmoor waren die sportlichen Voraussetzungen fürs Turnen nämlich denkbar ungünstig, denn Einrichtungen wie Sporthallen und –plätze waren nicht vorhanden, so dass der Übungsbetrieb nur mit viel Improvisationsgeschick aufrechterhalten werden konnte.
Mit der Machtübernahme des Nazi-Regimes und den von ihnen erlassenen Gleichschaltungsgesetzen vom 31.03. und 07.04.1933 wurden nicht nur die Länder ihrer politischen Selbständigkeit beraubt, sondern auch die Sportvereine, die Zwangsvereint und in die Einheitsorganisation des Reichsbundes für Leibesübungen eingegliedert wurden. In Wiesmoor waren hiervon der Turnverein und der fußballtreibende Sportverein betroffen. Bei der Bestellung des Vorsitzenden „der fortan Führer hieß“ galt das Führerprinzip, also nicht Wahlen, sondern übergeordnet wurden Funktionäre bestimmt und eine Einheitssatzung beendete die Organisationsvielfalt in den Sportvereinen. Zum ersten gemeinsamen Vereinsführer wurde Max Jacobs bestimmt.
Unsere Turnerinnen und Turner blieben ihrem Sport jedoch noch lange treu, bis schließlich bei Kriegsausbruch der Turnbetrieb eingestellt werden musste.
Während die Fußballer im gemeinsamen Verein schon frühzeitig nach Beendigung des Krieges ihren Sport wiederaufnehmen konnten, brauchte das Turnen eine längere Anlaufzeit, weil das Turnen in der Nachkriegszeit starken Beschränkungen durch die alliierten Besatzungsmächte unterlag und viele der aktiven Turner noch nicht zurückgekehrt waren. Erst im Herbst 1947 konnte der Turnbetrieb nach und nach wiederaufgenommen werden. Bereits im März 1948 fand ein Schauturnen statt, bei dem an zwei aufeinander folgenden Abenden der Saal restlos ausverkauft war. Das Turnen wurde so beliebt, dass die Abteilung schnell auf 200 Teilnehmer anwuchs, die in mehreren Übungs-/Leistungsgruppen trainierten.
Da die Turnerinnen und Turner im gemeinsamen Verein nach eigenen Auffassung zu kurz kamen, erklärten am 1. April 1957 52 Personen ihren Austritt aus dem gemeinsamen Verein. Unter der Führung von Heinrich Bentlage und Heinz Vaqué wurde die Wiederverselbständigung der Turnerinnen und Turner vorangetrieben, so dass die Wiedergründungsversammlung am Donnerstag, den 11. April 1957 stattfinden konnte. 79 ehemalige Funktionäre und Mitglieder des Turnvereins entschieden sich an diesem Tag, den Verein unter dem heute bekannten Namen „Turngemeinschaft Wiesmoor von 1930 e. V.“ neu zu beleben und die Tradition des Turnvereins „Gut Heil“ von 1930 wieder aufleben zu lassen. Am gleichen Tag traten weitere Bürger der TG bei, so dass der Turnbetrieb mit 173 Mitglieder (84 weiblich/89 männlich) aufgenommen werden konnte. In sportlicher Hinsicht und in der Vereinsentwicklung ging es ab jetzt rasant bergauf!

Was 1930 mit 43 Mitgliedern begann, 1933/34 vom Nazi-Regime zerschlagen wurde und was 79 Turner 1957 im Alleingang wieder auferstehen ließen, kann wohl mit Fug und Recht als Glücksfall für den Wiesmoorer Sport bezeichnet werden. Im 90igsten Jahr seit Vereinsgründung 1930 meldete die Turngemeinschaft Wiesmoor dem Landessportbund einen Mitgliederbestand von 3715 Mitglieder und gehört damit landesweit zu den vierzig größten Sportvereinen von ca. 9500 im Landessportbund organisierten Sportvereinen.
Landesturnfest 1960 in Oldenburg



Hinten v. L.: Oberturnwart Heinz Vaqué, Joachim Gauert, Klaus Fleischmann, Martin Siefken,
Werner Dawert, Gerhard Post, Wilfried Harms, Heinz Ubben und Erika Fahnster
Vorne v. L.: Vorsitzender Heinrich Bentlage, Erich Sarnowski, Holle Christians, Edda Knippert,
Hannelore Schreiber, Anke Riekena, Imke Harms und Willi Welte
Am Donnerstag, dem 16.01.2020 traf Vereinsvorsitzender Joachim Lammers sich im Vereinssportcenter mit drei Zeitzeugen, die die Wiederverselbständigung der TG tatkräftig unterstützt, mit vorangetrieben und maßgeblich mitgeprägt haben. Während einer gemütlichen Teezeit wurde die Vereinsgeschichte der TG in der jungen Nachkriegszeit mit den drei Ehemaligen erörtert und anhand von alten Fotos und Presseberichten nachvollzogen.


Von links: Gerhard Post (82 J.). Werner Dawert (84 J.), Helmut Siefken (80 J.)
und Vorsitzender Joachim Lammers

Werner Dawert (Jahrg. 1935) hat als Trainer und Übungsleiter die Turnabteilung und das Leistungsschwimmen bei uns mit aufgebaut und beide Abteilungen über 15 Jahre mitgestaltet. Außerdem war er von 1960 bis 1970 als Jugendwart, Sportwart und stellvertretender Vorsitzender im Vereinsvorstand aktiv. Gerhard Post (Jahrg. 1937) ist ebenfalls einer von den 52 Mitgliedern, die am 01.04.1957 mit ihrem Austritt die Wiederverselbständigung eingeleitet haben und diese am 11.04.1957 gemeinsam mit 79 Mitgliedern vollzogen haben. 1961 und 1962 war er als Jugendwart und von 1972 bis 1983 als stellvertretender Vorsitzender im Vereinsvorstand tätig. Helmut Siefken (Jahrg. 1939) hat als Spitzensportler die Farben der TG Ende der 50er Jahre Deutschlandweit vertreten und so auf die TG aufmerksam gemacht. 1959 bei den Deutschen Juniorenmeisterschaften konnte er mit 6,98 Meter die Bronzemedaille gewinnen und mit 10,6 Sekunden über 100 Meter war der Ostfriesische Rekord über 25 Jahre in seiner Hand. In der Deutschen Jahresbestenliste von 1963 belegte Helmut Siefken den 7. Platz über 100 Meter mit 10,5 Sekunden.

Das lateinische Sprichwort „fortes fortuna adiuvat“ zieht sich wie ein roter Faden durch unsere Vereinsgeschichte. Den Mutigen hilft das Glück! Das trifft auf unsere Vereinsgründer von 1930 ebenso zu, wie auf die mutigen 79 Vereinsmitglieder von 1957, als sie sich am 11. April 1957 für die Wiederverselbständigung unseres Vereins entschieden und auf die Vereinsverantwortlichen von 1995, die mit dem Kauf der Sporthalle in der ehemaligen Bundeswehrkaserne in Mullberg unsere Modernisierung einleiteten und natürlich auf die, die zu Beginn der 2000er Jahre das Projekt Vereinssportcenter anvisierten.
Viele mutige Etappen hat die TG durchlebt und erfolgreich gemeistert. Sehr wohl wissen die heutigen Vereinsverantwortlichen, dass hierzu immer mutige Menschen nötig waren, die ehrenamtlich gemeinsame Ziele verfolgen und umsetzen. Für ihr Engagement sind wir unseren Vorgängern sehr dankbar. Denn ohne deren mutigen Entscheidungen in den vergangenen 90 Jahren wäre das Sportangebot in Wiesmoor um einiges ärmer geblieben.
Text und Fotos: TG Wiesmoor



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